Müssen sich dunkle Melancholie und ein popmusikalischer Appeal zwangsläufig gegenseitig ausschließen? In Bezug auf Blutengel kann man diese Frage getrost verneinen. Die im Jahre 1998 aus dem Fetisch-Electro-Projekt Seelenkrank hervorgegangene Gruppe der umtriebigen Szene-Ikone Chris Pohl war von Anfang an als Brückenschlag geplant. Geschickt werden Elemente aus elektronischer Popmusik und Euro Dance mit der Symbolik, den Themen und der Romantik der Gothic Novel und des klassischen Horrorfilms, sowie einer kleinen Prise verruchter Fetisch-Erotik zu einer eingängigen Mischung mit dunklem Touch verquickt. Dass die „Dunkle Seite“ einen enormen Massenappeal besitzt, wenn man sie entsprechend aufbereitet, sollte schon der Fakt, dass die Figur des Vampirs in Literatur und Film des 20. und 21. Jahrhunderts eine nicht wegzudenkende Rolle einnimmt, verdeutlichen. So sind bei Blutengel die musikalische, die visuelle und die textliche Ebene entsprechend eng mit einander verwoben. Dunkle Bilder und romantische Horrorgeschichten um Vampire, Tod und das Streben nach dem ewigen Leben werden durch Klänge untermalt, die sich, mal club-orientiert, mal mit elegischem Pomp, durch hohen Ohrwurmfaktor und Wiedererkennungswert auszeichnen.
Eine besondere Spannung ziehen Blutengel aus dem Wechselspiel der Geschlechter. Seine Mitstreiterinnen setzen dabei sowohl optisch als auch gesanglich einen interessanten Kontrapunkt zum Sänger und Kopf der Band, Chris Pohl. In den fast zehn Jahren Bandgeschichte drehte sich das Besetzungskarussell diverse Male, wobei Chris als Songschreiber, Kopf und Frontmann die einzige Konstante darstellte.
Bereits das erste Album, „Child Of Glass“ avancierte zu einem beachtlichen Szene-Erfolg – eine Position, die Chris Pohl mit jedem folgenden Album weiter ausbauen konnte. Album Nummer zwei, „Seelenschmerz“, wurde im Jahr 2001 veröffentlicht, und verkaufte sich so gut, dass sich die Band der immer stärkeren Nachfrage nach live-Auftritten nicht mehr verschließen konnte. Das Bühnendebüt der Formation fand im Juni 2001 in dem passenden Rahmen des Wave Gotik Treffens in Leipzig vor rund 10000 begeisterten Fans statt. Es folgten ausgedehnte Tourneen quer über den gesamten Globus, und die Band wurde zu einem gern gesehenen Gast auf den großen europäischen Festivals.
Beim im Jahre 2002 folgenden Album „Angel Dust“ zeigte sich dann, dass die Mischung aufging, und das Phänomen Blutengel auch weit über die eng gestreckten Grenzen der so genannten „schwarzen Szene“ hinweg Menschen anzusprechen vermochte. Die CD platzierte sich auf Anhieb in den Top 100 der deutschen Media Control Album Charts. Auch die nächsten Alben und Singles, „Demon Kiss“ (2004), „No Eternity“ (2004), Oxidising Angel (2005), sowie die live-DVD „Live Lines“ konnten sich in den Charts platzieren. Blutengel haben es geschafft, im Mainstream anzukommen, ohne sich verbiegen zu lassen, und das mit einem Image, das im krassen Gegensatz zu den Retortenbands der Casting-Shows steht.
Im Dezember 2006 erschien die neue Single, „My Saviour“, die gleich zwei Stücke mit Hit-Appeal enthält, und die sich selbst im hart umkämpften Weihnachtsgeschäft wieder in den Media Control Top 100 platzieren konnte. An Freitag, dem 13. Juli 2007 veröffentlichte die Band ihre nächste Single, “Lucifer”, in zwei limitierten Versionen, um kurze Zeit später das lang erwartete neue Album “Labyrinth” folgen zu lassen… ihr bis dato reifstes und vielseitigstes Werk.
2008 war ein ganz besonderes Jahr für die Dark-Pop-Legende, feierten Blutengel doch ihr zehnjähriges Jubiläum. Eingeläutet wurde es mit der ultra-limitierten 7″ Vinyl-Single “Winter Of My Life”, deren 500er Auflage natürlich im nu ausverkauft war, und die parallel noch als Download in allen großen Online Shops veröffentlicht wurde. Blutengel zeigten auf dieser sich mit einem ihrer stärksten Songs wieder in absoluter Hochform. Ende August 2008 erschien die neue live DVD, “Moments Of Our Lives” in drei verschiedenen Versionen – einer regulären Doppel-DVD und zwei limited Editions, die beide noch eine zusätzliche live CD enthalten, sowie in der edlen “FanBox”-Variante noch ein exklusives T-Shirt. Die DVD wurde diesmal gleich auf vier Konzerten mitgefilmt, aus denen dann eine komplette Show montiert wurde, um echtes Tour-Feeling zu erzeugen. Disc 2 enthält dazu mit jeder Menge Hinter-den-Kulissen-Material und Extras alles, was das Fan-Herz höher schlagen lässt.
Ende 2008 wurde die Single „Dancing In The Light“ in zwei Versionen mit unterschiedlichem Tracklisting und Artwork veröffentlicht – ein beeindruckender Vorbote für das neue Album „Schwarzes Eis“, das im Februar 2009 als Doppel-CD inklusive dem instrumentalen Konzeptwerk „Behind The Mirror“, sowie als limitierte 3-CD-Box mit dem zusätzlichen Album „Redemption“ erschienen ist. Auf ihrem bis dato mit Abstand vielseitigsten und ambitioniertesten Album verbindet die Gruppe das Beste ihrer jeweiligen Schaffensperioden, lotet behutsam die eigenen Grenzen aus, betritt auch gerne ein wenig Neuland, ohne dabei die eigene Identität aus den Angeln zu heben. Der dunkle Ohrwurm-Sound der Blutengel ist erwachsen geworden… und klingt dabei trotzdem so frisch und kompakt, wie seit „Seelenschmerz“ nicht mehr.
Ende 2009 legte die Band mit der limitierten CD „Soultaker“ nach und spielte im Sommer 2010 mit dem Quilla Dance Theatre auf dem Amphi Festival die bis dato ambitionierteste live Show ihrer Karriere. Ende 2010 veröffentlichte die Band die exklusive Single „Promised Land“, die in kürzester ausverkauft war. Zeitgleich arbeitete Chris Pohl mit seiner neuen Bandbesetzung an dem Nachfolgealbum zu „Schwarzes Eis“. Als erster Vorbote wurde am 21. Januar 2011 die Single „Reich mir die Hand“ veröffentlicht, die sogleich auf Platz 81 in die deutschen Single-Charts einstieg. Das Album „Tränenherz“ folgte am 18.02. und katapultierte die Band auf einen sensationellen 12. Platz in den deutschen Media Control Album Charts. Eine ausverkaufte Deutschlandtournee folgte und am 15.04. erschien mit „Über den Horizont“ die wohl bis dato eingängigste Single der Gruppe.
Die Zukunft leuchtet hell für die Vorreiter des Gothic Pop, die nun wieder ausziehen, um der Welt zu zeigen, dass Popmusik und Fantasy ein gutes Paar abgeben, und dass es eine so viel interessantere Welt jenseits des „Boy meets Girl“-Hohlformeln zu entdecken gibt.
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